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Persona Verlag: Elisabeth Freundlich: Wir waren ja wahninnig, damals

16,00 

Neuausgabe der 1948 unter dem Titel Invasion Day erschienenen Erzählung. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Andreas F. Kelletat
2022. 128 Seiten, Hardcover. ISBN 978-3-924652-45-6

Das steht auf der Verlagshomepage:

Juni 1944 in einer kanadischen Blockhütte. Die österreichische Fotografin Leni lässt ihr Leben Revue passieren, das vom antifaschistischen Widerstand geprägt war. Die Blockhütte gehörte ihrer großen Liebe Kari, der im spanischen Bürgerkrieg fiel. Von ihm will sie sich verabschieden, bevor sie ihrem langjährigen Freund Hendrik nach Montreal folgt. Leni fragt sich, ob die Opfer der Widerstandskämpfer vergeblich waren, sie rekapituliert Glücksgefühle und Verzweiflung, Freundschaften und Abschiede. Als sie hört, dass die Alliierten in der Normandie gelandet sind, entscheidet sie sich, nicht wie geplant über ihre Erfahrungen zu schreiben, sondern nach Europa zurückzugehen: “Die Bücher, die Kunst hatten die Dinge um nichts besser gemacht.” Die Sprache, in der Hoffnung und Intimität, Tragik und Analyse, Sehnsüchte und Einsichten ineinander verwoben sind, weist weit über die geschilderte Zeit hinaus.

Buchentstehung
Die Erzählung Invasion Day steht schon lange in meinem Regal – die Autorin hat sie mir 1986 in Wien geschenkt. Anlässlich eines Gesprächs mit Andreas F. Kelletat entstand die Idee, dieses Werk neu aufzulegen. Aus Gründen des Titelschutzes mussten wir es allerdings umbenennen. “Wir waren ja wahnsinnig, damals” ist ein Zitat daraus.

 

Zur Autorin

 

Elisabeth Freundlich wurde am 21. Juli 1906 in Wien geboren. Studium der Romanistik, Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft. Als österreichische Vertreterin einer internationalen Friedensorganisation zwischen 1934 und 1938 wiederholt in Frankreich. 1938 Flucht nach Paris, dort Mitbegründerin der Ligue de l’Autriche vivante. 1940 weitergeflohen über die Pyrenäen nach Lissabon und von dort nach New York. Lehrtätigkeit an Colleges und Edition des Literaturteils der Exilzeitschrift Austro American Tribune. 1944 Heirat mit Günther Anders, 1950 Rückkehr nach Wien. Freie Mitarbeiterin bei Rundfunkanstalten und Zeitschriften, etwa den Frankfurter Heften, Berichterstatterin in NS-Prozessen und Übersetzerin aus dem Englischen. Mehrere Buchpublikationen, darunter der Roman Der Seelenvogel, die Autobiographie Die fahrenden Jahre und das Sachbuch Die Ermordung einer Stadt namens Stanislau. “Also wegschauen hat sie halt nicht können”, heißt es in einer ihrer Erzählungen. Das gilt auch für die Autorin. Sie starb am 25. Januar 2001 in einem Wiener Altersheim.

 

Pressestimmen

 

“Desillusionierend: ja, aber gerade wegen ihrer Ehrlichkeit auch aufwühlend und ermutigend – so wirken diese Erzählungen, die, vielsträngig und vielschichtig, eigentlich kleine Romane sind”, schrieb Erich Hackl in der ZEIT über Elisabeth Freundlichs Erzählungen Finstere Zeiten.

 

Textprobe

 

Sie waren die letzten Gäste gewesen in einem der unzähligen Pavillons auf dem Gelände der Pariser Weltausstellung im Frühjahr 1937. Es war damals kühl geworden, und sie waren auf eine der Brücken zugegangen, von denen aus die im Wasser erlöschenden Raketen besonders schön zu beobachten waren. Über vielerlei Geröll, Geschütt hatten sie zu ihrem Ziel finden müssen. Überall gab es Tafeln mit der Aufschrift “Noch nicht eröffnet”, “Eröffnung demnächst”, “Impasse interdite”, die ihren Weg versperrten. Die Weltausstellung war verspätet eröffnet worden, was fast zu einem Weltskandal, jedenfalls zu heftigen Debatten im Parlament Anlass gegeben hatte. Auch in dieser Nacht hatte sie noch den Eindruck völliger Unfertigkeit gemacht. Von politischen Intrigen hatte man gemunkelt, von Sabotage, die zur Diskreditierung des verhassten Kabinetts Blum führen sollte. “Front populaire”, hatte er damals, den Ton seiner Gegner imitierend, ausgerufen und auf all diese Unzuläglichkeiten hingewiesen. “Front populaire, sie ist an allem schuld.” Aber es war auch viel echte Bitterkeit in seiner Stimme, als er fortfuhr: “Blum, das Nichtinterventionsgesetz. Wenn wir nur Waffen hätten!” “Lass nur”, hatte sie eifrig erwidert, “wir schaffen es schon.” Und hatte zu erzählen begonnen, von Kampagnen, von Massenmeetings, von Protestaktionen der französischen Arbeiter für Waffenlieferungen an die Loyalisten in Spanien, von all den Dingen, die er versäumt hatte, weil er in Spanien wirklich dabei gewesen war. “Zu spät”, hatte er gemurmelt, oder hatte sie ihn missverstanden? Dann waren sie nach Hause gegangen.

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