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Das Frühwerk von James Joyce (1882–1941) steht im Schatten der Dubliners, von Ulysses und Finnegans Wake. Anders als Giacomo Joyce (1907/1914) verweist sein Erstling Chamber Music von 1907 noch nicht auf die Hauptwerke, sondern überrascht mit seltsam romantischen Tönen.
Schon für den letzten Nachdichter, Hans Wollschläger, war es eine Herausforderung, das 1982 ins Deutsche zu bringen. Nun haben auch die Dichter Helmut Schulze und Alban Nikolai Herbst sich an die Chamber Music gewagt: als Vergegenwärtigung eines jugendlich poetischen Feuers, das sich erst finden mußte. Denn hier ist sehr wohl das Bemühen von Joyce um Gestaltung zu spüren, auch wenn die Schwärmerei sich noch nicht faßt.
Dem jugendlichen Dichter ist das bereits bewußt gewesen. Sein Bruder Stanislaus hatte ihn gefragt: »Hast du eigentlich jemals geliebt?« Daraufhin er: »Wie wäre ich wohl imstande, die vollkommensten Liebeslieder unserer Zeit zu schreiben, wenn ich liebte?« Das zeigt, daß Joyce sich damals schon auf die Erzählerdistanz verpflichten wollte, die sein späteres Werk kennzeichnet: Welt als Material.
Die beiden Nachdichtungen Herbsts und Schulzes stehen gleichberechtigt nebeneinander und neben den Originalen. Es geht nicht mehr um die »richtigen«, sondern mögliche Übersetzungen – als heutige Aneignungen der Joyceschen Jugendgedichte, eine jede mit eigenen Stärken, eigenem Charakter: neue Gedichte aus einer alten Erde.
Im Gegenüber vom Original und den zwei Lesarten auf Deutsch ergibt sich ein Dreiklang, der erahnen läßt, was Dichter wie Ezra Pound und W. B. Yeats an Chamber Music faszinierte – zugleich war diese besondere Musikalität bis heute Ausgangspunkt einer Fülle teils legendärer Vertonungen, von Samuel Barber bis zu Luciano Berio oder Syd Barrett, Mitbegründer von Pink Floyd.
James Joyce: Chamber Music / Kammermusik. Zwei Nachdichtungen von Alban Nikolai Herbst und Helmut Schulze. 160 S. / Hardcover. ISBN 978-3-938375-82-2. VERSANDKOSTENFREI
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