Stuttgart, Privatbesitz
Stuttgart und Algeciras: der Blick im Blick des Künstlers Helmut Siesser. Um diese Stadtlandschaften herum und aus ihnen heraus entstehen Bilder in Öl- und Gouachetechnik. Dem Leben und dem Licht verbunden, der Stimmung eines Moments und dem Gefühl für seine Verlängerung, sind die Gemälde, auch, wo sie einmal sehr gegenständlich sind, weit mehr denn Landschaftsmalerei. Sie gehen heraus aus der Enge einer trivialen Wahrnehmung, ohne je über Konkretes hinweg zu gehen.
Helmut Siesser, geboren 1926 in Stuttgart, profitiert von einer soliden wie inspirierenden künstlerischen Ausbildung, studierte bei Gerhard Gollwitzer (1906 – 1973).
Bedeutend ist auch sein zweiter Lehrmeister Willi Baumeister, der aufs Engste mit der Moderne zu verbinden ist: 1913 nahm er am Ersten Deutschen Herbstsalon in der Berliner Galerie Der Sturm teil, war Zeitgenosse und Begleiter von z. B. Franz Marc, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Paul Klee … Er lehrte an der Stuttgarter Kunstakademie, prägte Künstler wie Klaus Bendixen, Antonio Máro oder Luise Richter.
Hochschullehrer hätte Helmut auch werden sollen…
…doch er wollte nicht. Er zog ein freies Leben im Süden vor, mit seiner Frau Dojo, Rundfunkredakteurin und Schauspielerin. Gottlob blieben sie unbehelligt vom Franco-Regime, dessen Kriterien gar nicht ihre waren. Es war ein gemütliches Künstlerleben in eigenem Rhythmus, mit günstigen Literfässern Tinto und Bar-Tapas für Helmut, wenn er gegen Mittag frühstückte, während seine Frau die Arbeit zuhause begann und den Kamin von der Asche der letztnächtlichen Diskurse in meist großer Runde befreite.
Was hat er von seinen akademischen Vorbildern? Ich habe meinen Blick begonnen, ohne ihre Namen auch nur zu kennen, und seine Bilder gelesen, die das sprechen, was ich zu Gollwitzer nachgelesen habe, zu einer neuen, unbedingten Tiefenvernetzung von Leben und Kunst.
Helmut Siesser war 1944 zum Wehrdienst eingezogen und an der französischen Front verwundet worden; die folgenden zwei Jahre Lazarettaufenthalt führten ihn hin zu seiner malerischen Begabung, danach begann er die Ausbildung: zunächst auf der Freien Kunstschule (Fähnle, Müller), nebenbei assistierend am Würtembergischen Staatstheater, (1951, bei den Bühnenmalern Fritsche, Koniarsky und Richter), bevor er auf seine Lehrmeister der Stuttgarter Kunstakademie traf. Studienreisen nach Europa und Amerika schärften das Bewusstsein und den eigenen Stil, ab 1960 weitergemalt im Atelier in Stuttgart und in Algeciras, an Europas Grenze. Der Maler hatte Aufträge, und er wurde ausgestellt, so in der London Madden Gallery oder der New York Rosenberg Gallery. Seine Bilder leben in unserem Blick, unmittelbar, und erinnern, wie er an seinem Todestag, den 03.02.1995 im spanischen im spanischen Getares einfach nur den Frühstückstisch hatte decken wollen, um dann auf dem Sofa einzuschlafen, im Atelier nebenan begonnene Tableaus in wilden Farben.